Marburg. Gemächlich tappst Anouk hinter ihrem Herrchen her. Bevor die Hundedame mit einem wohligen Seufzer auf ihrer Decke sinkt, begrüßt sie freudig schwanzwedelnd die Kollegen im Büro. „Das ist morgens das Ritual“, erklärt Anouks Herrchen Stephan Theiss lächelnd. Der 53-Jährige arbeitet als Consultant bei der Marburger IT-Firma INOSOFT und ist einer von sieben Mitarbeitenden, die regelmäßig oder ab und zu ihre Hunde mit ins Büro bringen.
Hunde am Arbeitsplatz? Das ist bei INOSOFT überhaupt kein Problem. Und das liegt an der Chefin selbst. Hündin Indra weicht Karin Batz nicht von der Seite, wenn die Mitbegründerin von INOSOFT durch die modernen Büroräume des Firmensitzes in Cappel läuft. Als Teil des dreiköpfigen Vorstandes des Unternehmens war sie vor Jahren die Erste, die einen Hund mit an die Arbeit genommen hat. „Als dann viele Kolleginnen und Kollegen auch fragten, ob sie ihren Hund mitbringen dürften, war das selbstverständlich. Gleiches Recht für alle“, sagt Batz und krault ihrer schwarzen Hündin das seidige Fell.
Mit dem eindeutigen Ja zum Bürohund trifft das Unternehmen den Nerv der Zeit. Immer mehr Firmen zeigen sich laut Deutschem Tierschutzbund mittlerweile tolerant gegenüber dem tierischen Kollegen. Kein Wunder, zahlreiche Studien belegen die positiven Effekte der Tiere auf das Betriebsklima: Menschen, die ihren Arbeitsalltag mit einem Vierbeiner teilen, fühlen sich deutlich weniger gestresst und können sich beim Arbeiten besser konzentrieren, so der Tenor.
Das kann auch Stephan Theiss bestätigen, dem es sehr wichtig ist, seine Hündin mit an die Arbeit nehmen zu können. „Die Kollegen lachen immer, wenn der Hund hinter mir liegt und dann anfängt zu schnarchen. Das lockert die Arbeitsatmosphäre auf“, freut er sich.
Auch die Mitarbeitenden, die selbst keine Hunde haben, freuen sich, wenn Anouk und Co. gestreichelt werden wollen. Kein Wunder. Beim Interagieren mit Tieren schüttet der menschliche Körper das „Kuschelhormon“ Oxytocin aus. Das wirkt nachweislich blutdrucksenkend, sorgt dafür, dass das Herz langsamer schlägt, und ist beim Abbau des Stresshormons Cortisol behilflich.
„Ich glaube, die Anwesenheit der Hunde hebt generell die Stimmung in der Firma“, sagt Mirko Hartmann und tätschelt Greta liebevoll den Kopf. Seine Hundedame hat sich gerade bei einem Arbeitskollegen die Reste eines Apfels abgeholt. „Das machen die immer so. Er isst den Apfel, Greta das, was übrig bleibt“, freut sich der Consultant, der dankbar ist, dass er seine Hündin mit zur Arbeit bringen kann. Auch das Gassigehen an der frischen Luft in der Mittagspause wird in Studien als gute Prophylaxe gegen Burn-out bewertet. Das Fazit zahlreicher Befragungen macht deutlich: So ein Hund im Büro hat ausschließlich positive Effekte.
Doch einfach mitbringen darf man seinen Vierbeiner nicht. Der Gesetzgeber hat das Thema „Hunde im Büro“ klar geregelt: Wenn ein Hund zur Arbeit mitgenommen werden möchte, dann ist eine vorherige Zustimmung des Arbeitgebers zwingend erforderlich. Natürlich muss auch auf die weniger hundeaffinen Kolleginnen und Kollegen Rücksicht genommen werden. Und da darf die Erziehung des eigenen Vierbeiners nicht außer Acht gelassen werden. „Die Hunde müssen sich benehmen können, eine gewisse Grunderziehung ist schon notwendig“, erklärt Batz.
Zudem müsse auch geklärt sein, dass ein Mensch mit Hundehaarallergie nicht im selben Büro mit einem Hund sitze. „Aber da achte ich schon während der Vorstellungsgespräche drauf“, sagt Batz, betont aber, dass eine Hundehaarallergie selbstverständlich kein Ausschlusskriterium für eine Anstellung sei. Oberste Prämisse sei immer die Arbeit. „Wir sind ja schließlich ein IT-Unternehmen und keine Hundeschule“, sagt sie augenzwinkernd.
Quellenangabe: Oberhessische Presse vom 16.06.2023
Marburg, 23. Juni 2023
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